Dr. Falk Richter, Dipl.-Psych.

Dr. Falk Richter,
Dresden




30.08.2012:

Den ersten Eindruck besser öfter mal hinterfragen!

Tags: Vorurteile, Stereotype, Diskriminierung


Zu dem Thema "erster Eindruck" finden sich im Internet viele Beiträge, in denen hilfreiche Ratschläge zu finden sind, wie man z.B. bei einem Verhandlungspartner und potenziellen Kunden oder Arbeitgeber einen möglichst positiven Eindruck erwecken kann.

Dabei finden sich u.a. Tipps zum äußeren Erscheinungsbild aber auch zu einer möglichst konsistenten und kontrollierten Kommunikation auf unterschiedlichen Kanälen.

Solche Tipps sind für die Leserinnen und Leser sicherlich wertvoll, allerdings regt sich bei mir auch immer ein gewisser Widerstand, wenn ich solche Beiträge lese.

Denn nicht immer hat man die Kontrolle über den ersten Eindruck. Nicht immer befindet man sich in der Situation, dass man erwartet, einen Kunden zu treffen. Und es muss wohl jedem erlaubt sein, ein Mensch mit Fehlern und Schwächen zu sein, der in einem privaten Rahmen auch mal etwas Schräges tut. Oder zumindest nicht in Business-Klamotten und top gestylt herumläuft.

Meine erste Lehrveranstaltung trug den Titel "Beobachtungspraktikum". Das Ziel dieser Veranstaltung war, Studierenden der Psychologie das wissenschaftlich fundierte Beobachten beizubringen.

Wichtig dabei: Konkret Beobachtbares von Schlussfolgerungen und Interpretationen zu trennen. Im alltäglichen Beobachten ist nämlich beides untrennbar miteinander verbunden. Während wir jemanden beobachten, versuchen wir gleichzeitig Gründe für sein Verhalten zu finden. Dies ist zunächst einmal ganz natürlich.

Wir neigen allerdings dazu, das Verhalten anderer in erster Linie auf Motive und Persönlichkeitseigenschaften zurückzuführen und die Umstände der Situation auszublenden. Vor allem dann, wenn wir dabei Stereotype und Vorurteile bestätigt sehen.

Nehmen wir an, ein Personalentscheider beobachtet, wie einem älteren Mann im Vorstellungsgespräch beim Schreiben ein Stift herunterfällt. Und nehmen wir an, dasselbe passiert einem relativ jungen Bewerber. Ein Personalentscheider mit Vorurteilen gegenüber Älteren wird dasselbe Verhalten bei einem älteren Bewerber vermutlich auf Schusseligkeit als Persönlichkeitseigenschaft zurückführen, bei dem jungen Bewerber dagegen auf die Aufregung in der Situation.

Im Falle einer einmaligen und erstmaligen Beobachtung ist eine solche Schlussfolgerung allerdings unzulässig!

Unter logischen Gesichtspunkten können wir das Verhalten einer Person erst dann auf Persönlichkeitseigenschaften zurückführen, wenn sich diese Person in unterschiedlichen Situationen immer wieder in derselben Weise verhält und sich dabei von anderen Personen unterscheidet. Anderenfalls kann es immer auch an den Umständen der Situation oder der aktuellen Befindlichkeit der Person liegen.

Stellen Sie sich vor, Sie haben gerade erfahren, dass jemand aus Ihrer Familie einen schrecklichen Unfall hatte! Was meinen Sie, wie Sie in solch einer Situation auf andere wirken? Und stellen Sie sich nun vor, jemand beurteilt Ihre Persönlichkeit allein aufgrund der Beobachtung in dieser Situation!

Was mir richtig suspekt ist: Leute, die völlig selbstsicher meinen, jemanden auf den ersten Blick richtig beurteilen zu können. Wer wirklich über Menschenkenntnis verfügt, hinterfragt dieses Wissen auch immer wieder!

Intuition und voreiliges Urteilen liegen manchmal nicht weit auseinander.

Im Umgang mit Mitarbeitern, Kunden usw. ist es wichtig, auf Signale zu achten und zu wissen, was ein bestimmtes Verhalten bedeuten KANN. Allerdings kann jedes beobachtbare Verhalten unterschiedlich interpretiert werden.

Ich möchte Sie dazu anregen, den ersten Eindruck, den Sie von einem Bewerber, Mitarbeiter, Kunden, Vorgesetzten usw. haben, immer wieder zu hinterfragen! Die Frage zu stellen, welche offensichtlichen oder auch nicht beobachtbaren Umstände zu einem bestimmten Verhalten beigetragen haben.

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Beachten Sie dazu bitte auch meine Angebote zum Thema Demografieorientierte Personalarbeit !

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