Dr. Falk Richter, Dipl.-Psych.

Dr. Falk Richter,
Dresden




21.02.2013:

Werbung: Ein Nivea-Spot, der so gar nicht geht

Tags: Evaluation Werbung und Marketing Wertschätzung


Es gibt außergewöhnliche und sehr gute Werbung, an der es kaum etwas zu verbessern gibt. Es gibt gute oder mittelmäßige Werbung mit mehr oder weniger Verbesserungspotenzial. Und es gibt Werbung, die völlig daneben ist und prinzipiell neu konzipiert werden müsste.

Letzteres ist eher die Ausnahme, kommt allerdings auch vor. Die Macher solcher Werbung sind dabei womöglich der Auffassung, dass ihnen damit ein richtig großer Wurf gelungen ist. Kampagnen von renommierten Agenturen werden dabei von Leuten aus der Branche wohl auch nicht weiter hinterfragt. Die mit dieser Werbung konfrontierten Rezipienten interessieren sich allerdings nicht für dieses Renommee, sondern reagieren spontan auf das ihnen vorgesetzte Produkt.

Dieser Tage bin ich auf einen TV-Spot gestoßen, den ich völlig daneben finde, und der zeigt, dass Werbung gelegentlich einer externen Evaluation unterzogen werden sollte:

Fahndung am Flughafen: Nivea bringt Passagiere ins Schwitzen
(Werbung und Verkaufen)

(Vermeintliche) Passagiere auf einem Flughafen werden damit konfrontiert, sich als gesuchte Kriminelle wiederzuerkennen, nach denen in Zeitungsartikeln und in einer TV-Sendung gefahndet wird. Die dabei resultierende Panik führt natürlich auch zu Angstschweiß. Der Sicherheitsdienst, der schließlich anrückt, um die Person einzukassieren, hält neben Handschellen auch das mit diesem Spot beworbene Deo von Nivea parat, das gegen stressbedingtes Schwitzen besonders wirksam sein soll.

Allerdings dürfte sichtbares Schwitzen in einer solchen Situation wohl das geringste Problem sein.

Zweifellos kann man mit einer derart ungewöhnlichen Aufmachung sehr viel Aufmerksamkeit erzeugen. Es geht bei Werbung allerdings nicht nur darum, aufzufallen und im Gespräch zu sein. Das mag vielleicht für die Macher der Werbung von Interesse sein aber nicht für diejenigen, die das beworbene Produkt an den Mann und an die Frau bringen wollen.

Auch wenn man davon ausgehen muss, dass alle Darsteller in dem Spot Schauspieler sind, so muss berücksichtigt werden, dass ein Rezipient dies spontan als reales Geschehen verarbeitet. Und sich dabei in die Lage der gezeigten Personen versetzt. Es gibt wohl nicht viele Dinge, die schlimmer sind, als wenn man sich plötzlich mit der Situation konfrontiert sieht, irrtümlich als gefährlicher Verbrecher zur Fahndung ausgeschrieben zu sein.

Selbst Schockwerbung à la Benneton & Co. ist dagegen harmlos.

Wer solche Werbung kreiert, der macht sich anscheinend keine Gedanken darüber, welche Wirkung damit beim Rezipienten erzeugt vs. welche Wirkung Werbung eigentlich erzeugen sollte. Eine angenehme Erinnerung an das Produkt und damit verbunden eine positive Einstellung dazu sind hier jedenfalls nicht zu erwarten. Die meisten Menschen werden auf solche bedrohlichen Ereignisse mit Verdrängung und unbewusster Vermeidung reagieren.

Kommunikation mit Kunden muss in jedem Fall Rücksicht auf deren Bedürfnisse und wertschätzung vermitteln. Bedürfnisse nach Sicherheit, nach körperlicher Unversehrtheit und Freiheit sind dabei besonders wichtig, werden allerdings mit diesem Spot erheblich bedroht.

Nivea ist eine starke Marke. Starken Marken werden einzelne kleine Fehler verziehen. Daher wird diese Marke wohl nicht unter dem Effekt einmaliger unangemessener Werbung leiden. Allzu häufig sollte so etwas allerdings nicht vorkommen.

Das Beispiel zeigt, dass Werbung auch etablierter und erfolgreicher Firmen einer externen Evaluation unterzogen werden sollte.

...

Beachten Sie dazu bitte auch meine Angebote zum Thema Werbung und Produktmarketing !

...

Diesen Beitrag teilen: Facebook Twitter Google plus XING LinkedIn AddThis

...

Zur Übersicht aller Beiträge im News-Blog